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   ALUMNI REVUE - MÄRZ 2001
       

    
    
 

Titel


Buntes Kaleidoskop

Kulturelles Leben an der Universität

Ein Montagabend im grauen Monat November. Im Nebenzimmer des griechischen Lokals an der Heidelberger Bergbahn herrscht ein buntes Treiben, Studierende jüngerer und älterer Semester sitzen dicht gedrängt an den Tischen. Sie alle verbindet weder das gleiche Studienfach noch die gleiche Nationalität, sondern ihre gemeinsame Leidenschaft für die Bretter, die die Welt bedeuten. Dieser "Theaterstammtisch" ist über die Jahre zu einer festen Institution geworden. Hier treffen sich zu jedem Semesterbeginn all jene, welche die Theaterszene in Heidelberg aktiv gestalten: ambitionierte Gruppenleiter, Laien-Schauspieler, Bühnen- und Maskenbildner, besonders aber auch Erstsemester mit einem Faible für die Bühne. Der Stammtisch ist zugleich Kontaktbörse für die vielen studentischen, freien und städtischen Theaterinitiativen in Heidelberg mit ihrem facettenreichen Spektrum. Matthias Paul führt heute Abend bei der Vorstellungsrunde Regie. Aber nicht nur hier: bei ihm laufen alle Fäden des studentischen Theaterlebens zusammen, denn er leitet den "Romanischen Keller". Dort, im stimmungsvollen Souterrain des Romanischen Seminars, befindet sich unter Gewölbedecken die Theaterbühne. Matthias beschreibt die Aktivitäten dort: "Genau so vielschichtig und unterschiedlich wie die Gruppen sind auch die einzelnen Produktionen. Die Veranstaltungen auf unserer kleinen Bühne reichen vom klassischen Sprechtheater über Musical, Kabarett, Theatersport, bis hin zu Konzerten jeglichen Genres und internationalen Kulturtreffen." Aber nicht nur Laien engagieren sich in dieser Szene. Ein Teil der Anwesenden an diesem Abend besitzt bereits Bühnenerfahrung, andere haben neben ihrem Studium schon bei renommierten Schauspielschulen vorgesprochen. Für einige ist dieses Forum sogar ein Sprungbrett auf die Städtische Bühne. So manchen Tipp gibt Matthias Paul preis, wie dort eine kleinere Rolle, und sei es nur als Komparse, zu "ergattern" ist.

Fanny Masson, 22-jährige Medizinstudentin aus Frankreich, wohnt erst seit ein paar Wochen in Heidelberg. Auch sie sitzt heute Abend am Stammtisch, denn sie würde gerne einmal im Theater mitspielen. Von einer Freundin hat sie von der Gruppe "IDeFix" erfahren, dem Theaterensemble, das gemeinsam vom Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie (IDF) und dem Akademischen Auslandsamt getragen wird. IDeFix möchte insbesondere ausländische Studentinnen und Studenten ermutigen, den Schritt auf die Bühne zu wagen. Noch hat Fanny Schwierigkeiten mit der deutschen Umgangssprache. Mit diesen Unsicherheiten ist sie bei IDeFix in den besten Händen. Dazu der Leiter und Regisseur Joachim Bürkert: "Wir meinen, Theaterspielen ist eine der lebendigsten, freudvollsten und effektivsten Weisen, Deutsch als fremde Sprache zu lernen." Rund 30 Mitglieder verschiedener Nationen zählt seine Schauspielgruppe. Spezialisiert haben sie sich auf Theater-Revuen mit Minidramen, die jeweils unter einem bestimmten Motto stehen, zum Beispiel "Allerhand Gemeinheiten" oder "Stücke aus der Beziehungskiste". Jedes Jahr tritt die Gruppe mit zwei Produktionen an die Öffentlichkeit. Das Modell hat sich so gut bewährt und den Studierenden so viel Spaß gemacht, dass Theaterspielen auch zu einem festen Bestandteil des Internationalen Ferienkurses geworden ist. Innerhalb von nur drei Wochen wird hier ein Theaterstück einstudiert und beim Abschlussfest vor einem begeisterten Publikum aus aller Welt präsentiert. So lernen die Kursteilnehmer spielend Deutsch.

Bühne frei für jedermann

Neben IDeFix sind auch noch andere studentische Theatergruppen an der Universität aktiv. Am Anglistischen Seminar gibt es seit über 30 Jahren eine Schauspielgruppe, bei der die englische Sprache und das nimmermüde Engagement des Dozenten Mike Shiels im Mittelpunkt stehen. Gleich zwei Stücke führten die Anglisten im Wintersemester auf: Agatha Christies "The Mousetrap" und das Musical "Little Shop of Horrors", bei dem auch der seminareigene Anglisten-Chor mitwirkte. Die musikalische und tänzerische Einstudierung hat Anglistik-Student Felix Rieckmann übernommen, der zwei Jahre in New York an einer Musical-Schule und danach in Hamburg an der "Stage-School" sein Handwerk erlernte. "Les Allumeurs D'Astres" nennt sich die Theatergruppe am Romanischen Seminar unter der Leitung von Antje Reinhard und Erol Weiß. Wurde hier zunächst nur auf Französisch gespielt, so präsentieren die Studierenden seit einiger Zeit ihre Stücke auch zweisprachig. Im Wintersemester stand Marguerite Duras' "Hiroshima mon Amour" auf dem Programm. Außerdem zeigten die Romanisten im November eine Aufführung in italienischer Sprache zu Texten von Dario Fo und Guiseppe Manfredi.

Die Texte erarbeiteten sie sich im Proseminar der Italienisch-Lektorin Luciana Palazzetti, die Produktion wurde unterstützt vom "Theater-Universität-Projekt" des italienischen Auswärtigen Amtes und des Italienischen Kulturinstituts in Stuttgart. Neu in der Lehre und auch in der Theaterszene der Universität ist seit dem Wintersemester Professor Christof Weiand. Als Theaterbeauftragter des Rektorats liegt ihm das Gegenwarts- und Avantgarde-Theater besonders am Herzen. Anregen möchte er die studentischen Initiativen zu einem weiteren Austausch mit Laienspielgruppen und mobilen Theatern an europäischen Hochschulen. Dann gibt es an der Universität noch die sogenannte "Offene Bühne", vom Heidelberger Studentenwerk gemeinsam mit dem Kulturreferat der Studierenden-Vertretung initiiert. Hier ist die "Bühne frei für Jedermann", wie Matthias Paul hervorhebt: "Wir möchten mit dieser Veranstaltung ein monatliches Forum schaffen, auf dem alle verborgenen Talente ihre kreativen Energien unter möglichst professionellen Bedingungen ausleben können."

Gute Noten für alle

Viele Studierende, die nach Heidelberg kommen, spielen von Haus aus ein Instrument oder singen in einem Chor und möchten ihr musikalisches Hobby auch weiterhin ausüben. Dazu gibt es an der Universität reichlich Offerten, die am Musikwissenschaftlichen Seminar angesiedelt sind. Das "Collegium Musicum" besteht aus einem Großen und einem Kleinen Chor sowie dem Großen Orchester und lädt Studierende aller Fakultäten zum Mitwirken ein. Entsprechend groß ist der Andrang. Peter Shannon, seit 1997 Dirigent des Großen Orchesters, berichtet von der Arbeit mit seinem Ensemble: "Alle meine Musiker haben von klein auf schon ein Instrument gespielt. Wir proben einmal in der Woche abends sehr intensiv, wobei es bei weitem nicht reicht, dass jemand einfach nur die Geige anschleppt. Oftmals sind die Studierenden nach einem langen Tag erschöpft, aber auch dann verzichte ich nicht auf Leistung und staune, wie sie nach Stunden noch konzentriert spielen. Ohne große Liebe zur Musik würden sie das nicht machen. Wir nehmen uns sehr viel Zeit, um uns mit den einzelnen Musikstücken auseinander zu setzen." Die meisten seiner Musiker kommen aus den Fächern Physik und Medizin, manche müssen lange warten, um eine "Stelle" im angesehenen Orchester zu bekommen. So haben zum Wintersemester um die 15 Flötisten für nur einen einzigen freien Posten vorgespielt. Circa 90 Mitwirkende zählt das Ensemble, sie alle engagieren sich mit "Herzblut" - passend zum Programm in diesem Winter. Denn zum Abschluss des Semesters spielte das Große Orchester bei einem Konzert in der Heidelberger Stadthalle Tschaikowskys sechste und zugleich letzte Sinfonie: In die "Pathétique" hat der Komponist "ohne zu übertreiben, seine ganze Seele hineingesteckt." Oftmals umrahmt das Große Orchester der Universität akademische Feiern und reist, wie der Chor auch, ins Ausland zu Konzerten, die im Austausch mit den Partneruniversitäten regelmäßig organisiert werden.

Besonderen Anklang findet auch das Ensemble "Die Marionettenoper im Säulensaal" unter der Leitung von Joachim Steinheuer. Studierende und Dozenten des Musikwissenschaftlichen Seminars haben dafür im Eigenbau eine Marionettenbühne errichtet und auch die Figuren selbst hergestellt. Sie zeigen jährlich eine große Produktion, die im Wintersemester den originellen Titel "Orpheus in der Opernwelt" trägt. Die Marionetten führen die Geschichte des mythischen Sängers vor in der Form eines szenischen Capriccios und musikalischen Pasticcios von Monteverdi bis Henze.

Die Chöre des Internationalen Studienzentrums der Universität, der Große Chor "Capella Carolina" und der Kammerchor "Camerata Carolina" bereichern das Angebot zusätzlich. Geprobt wird im Internationalen Studienzentrum der Universität, dem Max-Weber-Haus am Neckar. Auf "Hundert Semester sakralen Singens" blickt die Heidelberger Studentenkantorei mit ihrem fünfzigjährigem Jubiläum zum Ende 2000 zurück. Die Studentenkantorei bestand ursprünglich nur aus Universitätsangehörigen, mittlerweile kann jeder mit hoher stimmlicher Begabung mitsingen. Mit ihrer Qualität prägt die Kantorei das hohe Niveau der Kirchenmusik in Heidelberg. Fast wie eine "Alumni-Vereinigung" mutet auch das semiprofessionelle Sinfonieorchester "TonArt" an. 1998 gründeten Ehemalige des Collegium Musicum, die dort viel Freude am Musizieren hatten, zusammen mit jungen Berufsmusikern aus dem Raum Heidelberg dieses Ensemble. Die rund 50 Mitwirkenden haben es sich zur Aufgabe gemacht, Uraufführungen zu präsentieren, um somit jungen Komponisten aus der Heidelberger Region die Gelegenheit zu geben, ihre Werke einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Bilder vieler Ausstellungen

Teil der Kulturlandschaft in Heidelberg ist auch die bildende Kunst in den rund dreißig Museen; über siebzehn, sehr unterschiedliche Ausstellungen, Sammlungen und Museen verfügt allein die Universität Heidelberg: das Spektrum reicht von der Abguss-Sammlung des Archäologischen Instituts über die Papyrussammlung bis hin zum Zoologischen Museum. Eine der jüngsten Einrichtungen ist das Universitätsmuseum. 1996 wurde es im Erdgeschoss der Alten Universität eröffnet und zeigt in drei Räumen Dokumente zur Geschichte der Alma Mater wie das wertvolle Universitätszepter von 1387 oder auch Flugblätter der Studentenbewegung von 1968. Zusätzliche Exponate dokumentieren in Wechselausstellungen zum Beispiel die Anfänge des Frauenstudiums an der Universität bis zur Gegenwart, oder auch die Rolle der Hochschule im "Dritten Reich". Ganz aktuell zeigt das Museum eine bemerkenswerte Dokumentation zu Chinas Kulturrevolution unter dem Titel "Bilder der Macht - Kunst und Propaganda der Großen Proletarischen Kulturrevolution (1966-76)".
Zu den ältesten Einrichtungen zählt das Antikenmuseum des Archäologischen Instituts. Es wurde nach einer längeren Renovierungszeit soeben wieder eröffnet und erstrahlt in neuem Glanz. Die 1848 gegründete Sammlung der Universität am Marstallhof, damals ausschließlich zu Lehrzwecken angelegt, ist heute ein Schaufenster antiker Kulturgeschichte und ein beliebter öffentlicher Anziehungspunkt für alle am Altertum Interessierten. Die steinernen Figuren der Sammlung stehen vis-â-vis dem lebendigen Treiben der Studierenden, die hier in den warmen Monaten die Rasenfläche vor der Mensa belagern und dabei durch die großen Fenster auf die Exponate blicken. Das Museum Geologie/ Paläontologie birgt eine Rarität: Den Unterkiefer des "Homo Heidelbergensis", der mit seinen 500000 Jahren zu den ältesten Dokumenten des menschlichen Lebens zählt und bei Heidelberg gefunden wurde. Besondere Schätze birgt auch die Universitätsbibliothek, von schädlichen Umwelteinflüssen hinter Schloss und Riegel wohl behütet in den Magazinen des Tiefgeschosses. In Sonderausstellungen kamen in den zurückliegenden Jahren wertvolle Exponate der Bibliotheca Palatina, die zwischen 1556 und 1559 vom Büchersammler Kurfürst Ottheinrich angelegt wurde, oder auch Handschriften des mittelalterlichen Codex Manesse ans Tageslicht. In Vitrinen liebevoll präsentiert, zogen diese Schätze ein Publikum weit über Heidelberg hinaus an.

Es gibt jedoch an der Universität nicht nur viele Gelegenheiten, Kunst zu betrachten, sondern auch die Möglichkeit, selbst den Stift in die Hand zu nehmen, um das eigene Kunstwerk anzufertigen. Im Vorlesungsverzeichnis werden Kopf-, Figur- und Aktzeichenkurse für Hörer aller Fakultäten, fachmännisch angeleitet vom Heidelberger Künstler Clapeko van der Heide, angeboten. Für kulturkundliche Anregungen, insbesonders für ausländische Studierende und Gastwissenschaftler, sorgen auch die Exkursionen des Akademischen Auslandsamtes. Seit vielen Jahren führt sie Hans-Eugen Schauppel auf gemeinsamen Fahrten in die unterschiedlichsten Regionen Deutschlands, die von besonderem landeskundlichen und kunsthistorischen Interesse sind. Begeisterte Teilnehmer sind ihm jedes Semester erneut gewiss.

Kulturelle Symbiosen

Bereits 1986 hat das Studentenwerk ein studentisches Kultur- und Begegnungszentrum ins Leben gerufen, das heute wegen der pulsierenden Atmosphäre zu einem äußerst beliebten Treffpunkt geworden ist, nicht nur nach dem Essen in der hier angesiedelten Mensa. Im Marstall am Neckarufer liegen auch ein Café mit Biergarten und ein Lesecafé, zugleich Ausstellungsraum für künstlerische Arbeiten von Studierenden. Im Dachgeschoss befinden sich sechs Räume für Veranstaltungen; ein Klavier, ein Übungsflügel und eine gut ausgestattete mobile Bühne stehen den Studierenden für allerlei Aktivitäten zur Verfügung, nicht zuletzt auch, um mit anderen Kulturbegeisterten Kontakte zu knüpfen. Auf besonders enge Tuchfühlung kann man beim Standard-Tanz-Tutorium gehen, die gemeinsame cineastische Leidenschaft lässt sich im semesterübergreifenden Kino-Tutorium teilen. Ein cineastischer Hochgenuss war im Wintersemester das 49. Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg, das neben den traditionellen Veranstaltungsorten erstmals auch die Mensa im Marstallhof einbezog. Auch in dieser Form besteht zwischen der Universität und der Stadt eine kulturelle Symbiose.

Ein weiterer Schauplatz der studentischen und städtischen Initiativen ist das Kulturhaus "Karlstorbahnhof", wo vielen Gruppen aus dem Musik- und Theaterbereich ein alternatives Forum und Unterstützung geboten wird. Ein fein zusammengestelltes Programm umfasst ausgesuchte Gastspiele, Festivals und Filme. Genau so wie die Studierenden natürlich auch gute "Kunden" der vielen städtischen Kinos, des großen Drei-Sparten-Theaters und des kleinen Zimmertheaters sind, so profitieren umgekehrt auch die Bürger der Stadt vom kulturellen Angebot der Alma Mater.

Schließlich gibt es an einer klassischen und traditionsreichen Hochschule wie der Ruperto Carola nicht nur Kultur im schöngeistigen Sinne. Selbstverständlich werden hier auch kulturelle Zusammenhänge an mehreren Instituten wissenschaftlich erforscht. Einen interdiziplinären Ansatz entwickelt zur Zeit die Arbeitsgruppe "Ritualdynamik", bestehend aus Heidelberger Wissenschaftlern geistes- und kulturwissenschaftlicher Disziplinen. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Dynamik in verschiedenen Kulturen zu untersuchen und präsentierten im Spätherbst 2000 ihre Forschungsergebnisse in einer öffentlichen Ringvorlesung mit den Titel "Riten und Rituale im Leben der Kulturen".

In ganz eigener Dynamik gestalten die Studierenden mit ihrem kreativen Potenzial das kulturelle Leben an der Universität: durch ihre Ideen, Initiative - und oftmals auch durch ein gehöriges Stück Improvisation.

Carmen S. Freihaut

 


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Heidelberg, den 12. Februar 2003