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   ALUMNI REVUE - DEZEMBER 1996
       

    
    
 

Heidelberger Splitter


Literatur im Exil: Die Stille durchbrechen

Literaturpreis ging an den Dichter SAID

Einer der kulturellen Höhepunkte des Jubiläumsjahres war die Verleihung des Preises "Literatur im Exil" Ende März. Die Jury votierte einstimmig für den in München lebenden iranischen Schriftsteller SAID. Der mit 30000 Mark dotierte Literaturpreis wird an Schriftsteller vergeben, die im Exil in Deutschland leben und deren Werke in deutscher Sprache veröffentlicht worden sind. Der Preis war 1992 anläßlich des 80. Geburtstags der bekannten deutschen Lyrikerin Hilde Domin gestiftet worden. Die Wahlheidelbergerin hatte an der Ruperto Carola bei Karl Jaspers und Gustav Radbruch studiert, mußte in der Nazizeit emigrieren und lebte lange Jahre im Exil. Mit dem Preis schlägt die Stadt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Einerseits erinnert er an die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten, in der viele Schriftsteller nur im Exil überleben konnten. Andererseits ruft er ins Bewußtsein, daß es auch heute noch gefährlich sein kann, seine Ideen und Gedanken öffentlich zu äußern - für Dichter wie für Wissenschaftler gleichermaßen.

SAID, der 1947 in Teheran geboren wurde, ging 1965 zum Studium nach München. Hier verbanden sich seine literarischen Interessen mit einem politisch-demokratischen Engagement, das sich in der Opposition gegen das Schah-Regime ausdrückte. Damit war seine Rückkehr in den Iran ausgeschlossen. Erst nach dem Sturz des Schahs betrat SAID 1979 für kurze Zeit wieder persischen Boden, mußte aber schon bald wieder fliehen, diesmal vor dem Regime der Mullahs. Seither lebt und arbeitet er wieder im Exil in Deutschland. SAID schreibt in deutscher Sprache Gedichte und Texte, die in sprachlicher Kunstfertigkeit und poetischer Schönheit die besten Traditionen persischer und deutscher Dichtung miteinander verknüpfen. Seine Poesie vereinigt unsentimentale Zärtlichkeit mit ergreifenden und feinfühligen Bildern. Das Werk des Dichters wirft dabei die zwiespältige Frage nach der Identität durch Sprache auf: Die neue Sprache des Exils verleiht die Chance, für sich selbst eine neue Identität zu erlangen, erinnert aber zugleich schmerzhaft an den Verlust der Heimat. SAID indes akzeptiert die deutsche Sprache als seine Gastgeberin, als Tribüne und Reflexionsebene. Und er tut dies mit einer solchen Meisterschaft, daß, wie die bekannte Schriftstellerin Herta Müller urteilt, "die deutsche Sprache sich bei SAID bedanken müßte." Für sein Werk erhielt er bislang eine Reihe von Ehrungen. Doch bei aller Workunst ist die Literatur des Exildichters kein Selbstzweck. Sein Credo lautet: "Unsere Sprache muß die Friedhofsstille sichtbar machen, die die Diktatur hergestellt hat; und unser Schweigen darf nicht die Schreie derjenigen überhören, die diese Stille zu durchbrechen suchen." Mit seinem Engagement im deutschen PEN und im Komitee "Writers in prison", dessen Vorsitz er bis vor kurzem innehielt, trägt SAID durch eine Vielzahl von Aktivitäten dazu bei. Mit Hilde Domin verbindet ihn der Wille, durch das Wort die Stille zu durchbrechen, die viele im Exil umfängt.

Peter Saueressig

 


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Heidelberg, den 23. Mai 2003