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   ALUMNI REVUE - WINTER 2006/2007
       

    
    
 

Titel


Die Bibliotheca Palatina

Das Heidelberger Kleinod auf dem Weg in die Zukunft

Am 14. Februar 1623 verließen 50 mit Ochsen bespannte Wagen die Stadt Heidelberg. Das Ziel der Reise war Rom. Eine Büchersammlung, bestehend aus rund 8 000 Bänden, verpackt in 184 Kisten, wurde auf diese Art verfrachtet. Es handelte sich um die berühmte Bibliotheca Palatina, deren Ursprünge bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen. In ihr waren verschiedene, anfangs eigenständige Institutionen aufgegangen: die im Umfeld der 1386 gegründeten Universität entstandenen Bibliotheken der Artistenfakultät und der drei höheren Fakultäten, die Stiftsbibliothek in der Heiliggeistkirche sowie die privaten Sammlungen der Kurfürsten auf dem Heidelberger Schloss. Anfang des 17. Jahrhunderts sprach man von der größten und bedeutendsten Bibliothek im damaligen Deutschland.

Die Überführung in den Vatikan vor etwas mehr als vierhundert Jahren erfolgte natürlich nicht auf freiwilliger Basis. Die Sammlung war ein besonders begehrtes Beutestück im gerade tobenden Dreißigjährigen Krieg. Der Papst hatte schon längst ein Auge darauf geworfen. Historiker sprechen heute von „Entführung“ oder gar dem spektakulärsten Bücherraub der Geschichte. Es handelte sich aber möglicherweise zugleich um die Rettung dieser Sammlung. Denn bei einem Verbleib am Neckar wären die Bücher wahrscheinlich spätestens im Pfälzischen Erbfolgekrieg siebzig Jahre später zumindest teilweise ein Opfer der Flammen geworden. Im 19. Jahrhundert gelangte schließlich ein kleiner Teil dieser Bibliothek, nämlich die deutschen Handschriften, wieder zurück an den Neckar, darunter auch die „Große Heidelberger Liederhandschrift“ (Codex Manesse). Ihren hohen Bekanntheitsgrad verdankt sie insbesondere den 138 Miniaturen, welche die vertretenen Dichter in idealisierter Form darstellen.

Reproduktionen davon – so etwa das Porträt Walthers von der Vogelweide – haben es bis in die Wohnzimmer so mancher Bildungsbürger geschafft. Man findet sie auf Postkarten, im Heidelberger Unishop auch auf Kaffeebechern und Mousepads. Im Internet gibt es seit geraumer Zeit auf den Seiten der Universitätsbibliothek außerdem eine digitalisierte Fassung des Codex Manesse. Ging es seinerzeit darum, einige „Leuchttürme“, wie Armin Schlechter sagt, ins Netz zu stellen, werden jetzt systematisch auch die anderen Handschriften aus der Bibliotheca Palatina digitalisiert. Nach einer großzügigen Anschubfinanzierung durch die Gesellschaft der Freunde der Universität Heidelberg wird dieses ambitionierte Projekt nun vor allem durch eine Zuwendung durch die Manfred Lautenschläger-Stiftung ermöglicht. 848 Codices mit insgesamt rund 270 000 Seiten und etwa 7 000 Miniaturen wandern also gerade über die beiden Grazer Büchertische.

So weit zu den Heidelberger Beständen. Doch was ist mit den in Rom verbliebenen Bänden dieser Sammlung? In einer einmaligen Ausnahmesituation war 1986 das Präsenzprinzip der Vatikanischen Bibliothek durchbrochen und für eine Ausstellung zum 600-jährigen Jubiläum der Ruperto Carola eine Auswahl der Bibliotheca Palatina noch einmal auf den Emporen der Heiliggeistkirche aufgestellt worden. Seitdem fordern einige (Lokal-)Patrioten immer mal wieder die Rückgabe. Manche glaubten gar, nach der Wahl eines deutschen Papstes im vergangenen Jahr könnte Bewegung in diese Sache kommen. UB-Direktor Veit Probst ist da bescheidener. Zwar hofft er ebenfalls auf eine Zusammenführung der beiden getrennten Teile, jedoch weder mithilfe von Ochsenkarren noch mit anderen Verkehrsmitteln – ihm schwebt eine virtuelle Wiedervereinigung vor. Der zuständige Präfekt wurde bereits angeschrieben, wie Probst erzählt, zugleich ein kompletter Technologietransfer dem Vatikan angeboten. Auf dessen Antwort ist man nicht nur in Heidelberg ziemlich gespannt.

Oliver Fink

 


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Heidelberg, den 19. Februar 2006